Ecovillage Hannover

2020 | Hannover, Germany | Competition – Shortlisted | Commissioner: Ecovillage Hannover Cooperative | Team : ISSS research + Plan Común (Kim Courrèges, Felipe De Ferrari, Sacha Discors, Nissim Haguenauer) | Collaborator: Barbara Herschel | Video : Plan Común | Music : Manuel Göttsching - E2-E4 (excerpt)

De - German version

1. ECOVILLAGE HANNOVER: EINE NACHBARSCHAFT ALS HAUS

Ökologie kommt von Oikos: ein Haus, nicht weil es Wände hat, sondern wegen der Menschen, die es bewohnen. Das Ecovillage Hannover folgt dieser Prämisse, indem es sowohl großzügig als auch effizient individuelle und gemeinsame Räume miteinander verwebt: für ein gutes Leben und kollektive Belastbarkeit.

2. NEUE (ÖKOLOGISCHE) AUSRICHTUNG

Das Ökodorf Hannover sucht nach der richtigen Dichte, um den Wohnungsbedarf aller Mitglieder der Genossenschaft und ihr Bedürfnis nach einem guten Leben in der Nähe der natürlichen Umwelt auf menschlicher Ebene und auf der Grundlage von Teilen, sozialem Zusammenhalt und Umweltschutz auszugleichen. Eine geringe Dichte würde zu viel Land für Gebäude beanspruchen und zu wenig freie und grüne Flächen für die kollektive Nutzung übrig lassen. Eine hohe Dichte würde mehr freies Land hinterlassen, aber zu große Gemeinschaften bedeuten, was ein Hindernis für den Zusammenhalt zwischen Nachbarn sein kann. Aus diesem Grund stellt unser Vorschlag für das Ökodorf Hannover eine mittlere Dichte dar, die es ermöglicht, genügend freien Bodenraum zu erhalten und in einer menschengerechten Nachbarschaft zu leben.

Die städtebauliche Form des Ökodorfes Hannover inspiriert sich an der Konstellation benachbarter Dorfkerne, die als "out of the grid" verstanden werden, als außergewöhnliche Orte im kontinuierlichen und generischen Stadtgefüge. Die Ausrichtung der Gebäude, die diese Dorfzentren bilden, hängt nicht nur von den verbindenden Straßen ab, und dies führt zu einzigartigen und charakteristischen Freiräumen. Aus diesem Grund verwebt der Vorschlag die Ausrichtung des Grundstücks mit der Nord-Süd-Ausrichtung, was gleichzeitig dazu beiträgt, eine energetische und bioklimatische Effizienz zu erreichen, die bessere Leistungen bei der Erfassung der Sonnenenergie (S) und der natürlichen Beleuchtung (W-E) garantiert. Darüber hinaus ermöglicht diese neue Ausrichtung die Schaffung direkter visueller Verbindungen zwischen den Ökodorf-Außenräumen und der großen Landschaft, insbesondere dem Kronsberg.

3. STÄDTISCHE NACHHALTIGKEIT AUF MENSCHLICHEM MASSSTAB

Das Konzept der Nachhaltigkeit in im Quartier integriert eine Reihe von Low-Tech-Strategien und definiert einen lebenswerten Ort für die Zukunft.

Zwischen den Wohngebäuden befindet sich ein Netz grüner Wege. Dieses Netzes verbindet die drei Grundstücke als grüner Korridor miteinander. Er ist von Laubbäumen geprägt, die an heißen Tagen natürlichen Schatten spenden, frische Luft produzieren und eine schöne, sich im Laufe des Jahres verändernde Landschaft erzeugen. Der grüne Korridor beinhaltet zudem dezentral organisierte Regenwasserrückhalte- und Versickerungsflächen. So wird dem Prinzip einer Schwammstadt folgend der Regenwasserabfluss gesteuert, Schadstoffe gefiltert und das Mikroklima verbessert.

Dieses grüne Netzwerk ist auch ein wichtiger Lebensraum für Vögel, Insekten und Kleintiere und erhöht die Artenvielfalt. Das Regenwassermanagement ist natürlich in den Freiräumen enthalten. Auf jeder Parzelle gibt es einen dezentralen Wasserrückhaltebereich und sie sind durch ein blau-grünes Netz verbunden, das das Sammeln, Zurückhalten und langsame Versickern von Regenwasser ermöglicht. Dies hat kühlende Effekte für die Nachbarschaft und ermöglicht einen konstanten grünen Streifen, der sich durch das Ecovillage zieht.

Der grüne Korridor wird als natürliche Adern verstanden und beinhalten die Gemeinschaftsgärten. Das zurückgehaltene und gesammelte Regenwasser kann nach natürlicher Reinigung in den Gärten und Gemeinschaftsflächen ebenso wie aufbereitetes Grauwasser für die Bewässerung genutzt werden um Trinkwasser zu schonen. Regen- und Grauwassernutzung kann auch für die Nutzung (Toilettenspülung, etc.) in den kleinen Haus/Wohnungseinheiten (XS) berücksichtigt werden, in den größeren Einheiten ist der technische Aufwand zu groß und dies wäre aufgrund der doppelten Leitungsführung eher unwirtschaftlich.

Die Dächer sind sowohl bei der Energieerzeugung (70% Photovoltaik und 30% Solarthermie) als auch bei der Vermeidung unerwünschter Erwärmung aktiv: gemeinsame Gärten, Wiesen mit biologischer Vielfalt und Solardächer werden in der gesamten Nachbarschaft kombiniert.

Durch die Solarenergienutzung an den Gebäuden kann bereits ca. 70% des benötigten Stroms und 60% der benötigen Wärme im Quartier erzeugt werden. Der darüber hinaus gehende Bedarf an Wärme und Strom wird in der Energiezentrale in Form eines Blockheizkraftwerks (BHKW) produziert. Die Wärme wird in ein Nahwärmenetz eingespeist an das alle Gebäude im Ecovillage angeschlossen sind. Der Strom aus dem BHKW geht vorrangig an die Mobilitätsstationen zum Aufladen von E-Auto, E-Bike etc. Stromüberschüsse gehen dann erst in das Quartiersnetz und danach erst in das öffentliche Netz. Die Grundstücke A, B und C sind über die Mobilitätsstationen miteinander verknüpft um Überschüsse und Defizite ausgleichen, so folgt das Ecovillage dem Prinzip des Nehmen und Gebens.

4. SANFTE MOBILITÄT HAT VORRANG | ERSCHLIESSUNG UND MOBILITÄT

Sanfte Mobilität hat im Ecovillage Vorrang. Drei dezentrale Parkplätze bieten Stellplätze für die Car-Sharing Autos der Gemeinschaft und sind jeweils mit einer Mobilitätsstation ausgestattet die strategisch auf jeder Parzelle platziert sind (für alle gemeinsam genutzten Fahrzeuge wie E-Autos, E-Vans, E-Ladestation, Lastenfahrräder usw.). Die 3 Mobilitätsstationen befinden sich an strategischen Standorten an den Rändern der Parzellen A (N-W-Ecke), B (Nord) und C (S-W-Ecke) und speisen die internen Wege, die sowohl Fußgängern als auch Radfahrern vorbehalten sind. Sie umfassen eine Basisinfrastruktur für die Wartung der Fahrräder und Solaranlagen, die die Autonomie in Bezug auf die Energieproduktion gewährleisten. Die öffentlichen Straßen im Ecovillage werden als Shared-spaces gestaltet und sind verkehrsberuhigt, sie dienen insbesondere der Anlieferung und für Müllabfuhr etc. Durch die Lage des Ecovillage innerhalb der Gesamtentwicklung Kronsberg ist nicht mir Durchzugsverkehr zu rechnen. Das Wegenetz auf den Parzellen des Ecovillage ist Fuß-und Radfahrern vorbehalten. Ein Netz von grünen Wegen, die der sanften Mobilität gewidmet sind, verbinden alle direkten Nachbarschaften und ihre Gärten. Die einzelnen direkten Nachbarschaften sind jeweils von der öffentlichen Straße aus erschlossen und die Adressen der einzelnen Gebäude liegen am Gemeinschaftshof der jeweiligen Nachbarschaft. Dies fördert alltägliche Begegnungen und schaffte eine klare Struktur im Ecovillage. Zudem ermöglicht diese Struktur das Freihalten des grünen Korridors von jeglicher notwendiger Erschließung.

5. EINE FAMILIE VON MIKRO-ÖKOSYSTEMEN

Die Grundstruktur des Ecovillage basiert auf einer Familie von direkten Nachbarschaften. Die Landschaft ist spezifisch für jede dieser Nachbarschaften, hat aber gemeinsame Prinzipien: eine Kombination von krautigen Pflanzen, Sträuchern und kleinen bis mittelgroßen Bäumen, einschließlich endemischer Obst- und Nussbäume - die unter den Nachbarn geteilt werden sollen - kombiniert mit einer Topographie mit kleinen Hügeln - unter Verwendung dessen, was bereits vorhanden ist, d.h. des Aushubs der Konstruktion. Auf diese Weise können große Erdbewegungen vermieden werden, was den CO2-Fußabdruck des Bauwerks erheblich verringert.

Der Dorfplatz befindet sich an der Kreuzung der Straßen, überspannt die Grenzen der drei Grundstücke und verbindet sie durch einen großzügigen offenen Raum, der von kollektiven Einrichtungen - einschließlich der Energiestation, des Gemeinschaftshauses, einer gemeinsamen Werkstatt, der Bibliothek von Dingen, dem Infoladen, dem genossenschaftlichen Laden, dem Gästehaus, dem Co-Working Space und Geschäften - eingerahmt wird, die die ökologische Agenda des Projekts sichtbar machen und seine Aktivitäten auf die Umgebung ausdehnen.

6. EIN TYPOLOGISCHER WERKZEUGKASTEN

Die Wohngebäude werden durch einen Toolkit definiert, der auf vier verschiedenen Typologien basiert: 3 Kollektivhäuser Atriumhaus (M), Galeriehaus (S), Stufenhaus (XS) und die Tiny Houses (feststehend und mobil). Ihnen allen gemeinsam ist der Wille, den individuellen Fußabdruck zu verringern, dem gemeinsamen Raum mehr Bedeutung beizumessen und die ökologische Leistung mit sehr einfachen Mitteln zu verstärken, wobei mit dem gearbeitet wird, was bereits vorhanden ist und die vorhandenen Ressourcen genutzt werden: biologische Baumaterialien (Holz), Sonnenlicht, natürliche Belüftung und Vegetation.

Jede Typologie bietet verschiedene Alternativen für die gemeinsam genutzten Bereiche - offene Galerien, kollektive Wintergärten -, die Diversifizierung des nachhaltigen Funktionierens jedes Gebäudes - grüne oder solare Dächer, zugänglich oder nicht für die Bewohner - und den Pool von Lösungen für das Zusammenleben - wobei eine strategische Reserve für die zukünftige Entwicklung wie kollektive Erweiterungen (Vergrößerung der Gesamtfläche durch das zusätzliche Stockwerk) beibehalten wird. So entsteht ein Ökosystem hybrider Typologien, die von den eigenen Bewohnern definiert werden und in denen Haus und Garten sich gegenseitig durchdringen.

7. FASSADEN ALS ÖKOLOGISCHE UND SOZIALE VORRICHTUNGEN

Alle Hauptfassaden der Gebäude des Ecovillage werden sowohl als soziale als auch als ökologische Einrichtungen verstanden. Sie sind aus Holz gebaut und fungieren als Gerüste, die vertikale und horizontale Erschließung und Commons, gemeinsame Terrassen, Sonnenschutz, bioklimatische und akustische Filter integrieren. Durch die Einsparung und Produktion von Energie sind sie ein konkreter Raum für Ökologie, verstanden als eine Umgebung für soziale und natürliche Koexistenz.v

8. EIN UNKOMPLIZIERTER BAUPROZESS AUF DER GRUNDLAGE VON HOLZ

Alle Gebäudetypologien werden durch eine vorgefertigte Holzstruktur definiert: Trockenbau und saubere Baustelle - Minimierung der Belästigungen für die Umgebung - im Einklang mit dem sparsamen Willen und der Sparsamkeit der Mittel - Zeit- und Ressourcenersparnis -, sind die positiven Konsequenzen.

Durch die Verwendung desselben modularen Systems gewährleisten wir einen gleichberechtigten gemeinsamen Nenner für alle Wohneinheiten, indem wir die Vorteile der doppelten Ausrichtung und der Kreuzlüftung nutzen, um Klimakomfort zu erreichen. Andererseits ermöglicht dieses System Flexibilität und Anpassungsfähigkeit im Laufe der Zeit sowie Vielfalt und Anpassung der häuslichen Umgebung.

9. HÄUSLICHKEIT: BEWOHNER ALS MITGESTALTER

Unser Vorschlag sieht eine aktive Rolle der Bewohner als Mitgestalter*innen ihrer Lebensräume vor. Die Wohnungen besitzen eine effiziente bewohnbare Wand, die die gesamte Basisinfrastruktur - Schächte, Küche, Badezimmer - integriert und an die jeweiligen Bedürfnisse und Wünsche angepasst werden kann. Es liegt an den Bewohnern, wie sie ihre Wohnungen definieren wollen.

10. ECOVILLAGE HANNOVER, EIN MODELL

Als Modellprojekt ist das Ecovillage Hannover eine Chance, Stadt und Land zu verbinden. Es stellt einen Prototyp für neue Formen des Zusammenlebens dar, geht von Vorhandenem aus um mit weniger mehr zu tun - d.h. das Beste aus den vorhandenen Ressourcen zu machen - als allgemeine Strategie zur Bewältigung der globalen ökologischen Krise.